Dass man als privater Sammler rechtzeitig einen öffentlichen Museumserhalter finden sollte, um seine Sammlung für die Ewigkeit zu erhalten – insbesondere wenn Geld und/oder Lebenszeit knapp werden –, wusste schon der römische Kardinal Alessandro Albani im 18. Jahrhundert. Seine erste Antikensammlung verkaufte er dem Heiligen Stuhl, wo sie bis heute – allerdings unter dem Namen des Käufers, Museo Clementino – ein wesentlicher und nach wie vor zusammenhängender Teil der Vatikanischen Sammlungen ist. Albani ließ sich zum Inspektor der römischen Antiken ernennen und hatte über den Verkauf hinaus noch entscheidenden Einfluss auf die Sammlungspolitik. Der österreichische Sammler Rudolf Leopold perfektionierte im 20. Jahrhundert das Prinzip der Verstaatlichung der eigenen Sammlung. Es gelang ihm, dass die Republik Österreich seine Sammlung österreichischer Kunst der Moderne ankaufte, sie in eine Privatstiftung einbrachte und ein Museum errichtete, dem Leopold auf Lebenszeit als Direktor vorstand. Bis über seinen Tod hinaus konnte er die Geschicke der Sammlung auf Rechnung der öffentlichen Hand mitbestimmen.

Einen anderen Weg wollte das Sammlerehepaar Karlheinz und Elisabeth Essl gehen. Anstatt für ihre Sammlung österreichischer Kunst der Moderne bei der öffentlichen Hand zu lobbyieren, errichteten sie in Klosterneuburg bei Wien auf eigene Kosten ein vorbildliches privates Museum, das sie auch selbst betrieben. Übrigens war es bis zur Eröffnung der Sammlung Liaunig im Jahr 2008 das einzige private Museum, das mit einer Ausstellungsfläche von 3.200 m² eine Größe hatte, die einem öffentlichen Museum vergleichbar war. Mit dem Scheitern der Baumarktkette der Essls ging allerdings im Jahr 2016 auch das Museum unter.


Lange wurde diskutiert, wie man die Sammlung für die Öffentlichkeit retten könnte. Der Industrielle Hans Peter Haselsteiner sprang ein und gründete gemeinsam mit dem Ehepaar Essl die SE-Sammlung Essl GmbH. Die Sammlungsobjekte wurden an die Albertina, eines von sieben österreichischen Bundesmuseen, übergeben. Um diese ausstellen zu können, mietete sich die Albertina im Wiener Künstlerhaus ein, das wiederum in finanzieller und gesellschaftsrechtlicher Kooperation mit einer Stiftung ebenjenes Herrn Haselsteiner saniert wurde. Der traditionsreiche Künstlerverein hatte keine öffentliche Finanzierung für die seit Jahren ausständige Sanierung erhalten und sah in der sehr weitgehenden Kooperation, die de facto den Verlust der alleinigen Hoheit über das eigene Haus bedeutete, die – je nach Betrachtungswinkel – einzige oder große Chance.


Kompliziert? Doch ein wenig, weil diese Vorgänge mit einer Vermischung verschiedenster Sphären einhergingen und zu intransparenten Verflechtungen zwischen privater und öffentlicher Hand führten. Dabei wurden Eitelkeiten bedient und eine Reihe von Konflikten ausgetragen. Zuletzt kam es auf Betreiben der Stiftung zum Hinauswurf des vom Kunstverein nominierten gemeinsamen Geschäftsführers der gemeinsamen Betriebsgesellschaft.

Gerade hat sich das Künstlerhaus im Gewand der „Albertina modern“ im österreichischen Ausstellungsbetrieb etabliert, da lässt nun die Wiedereröffnung des Klosterneuburger Museums, also der Heimstatt der Sammlung Essl, aufhorchen. Was wird dort ausgestellt? Eigentlich die Sammlung Essl – nicht komplett, aber dafür mit passenden Werken aus der Sammlung des Herrn Haselsteiner, Werken der Albertina und anderer Leihgeber ergänzt. Im Charakter wird das weitergeschrieben, wo man vor acht Jahren aufgehört hat. Auch wenn jetzt „Albertina Klosterneuburg“ draufsteht, scheint das Essl Museum wiedererstanden zu sein, das übrigens als untote Website die ganzen letzten Jahre im Web herumgeisterte.

Aus heutiger Sicht wird immer noch eine grandiose Sammlung mit österreichischen und internationalen Positionen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezeigt. Sie gibt sich aber jetzt tatsächlich „museal“, weil aktuellere Positionen nur am Rande ihren Platz finden und die Handschrift des Sammlerpaars abhandengekommen ist. Man muss sich jetzt die Frage stellen: Hätte man das nicht einfacher haben können, indem man eine Lösung gesucht hätte, das Museum so, wie es ist, weiterzubetreiben?

Und was ist nun mit dem Künstlerhaus? Während vor den Toren Wiens jetzt eine Schau gezeigt wird, die wie eine museale Dauerausstellung rüberkommt, gibt es im Zentrum einen neuen Sonderausstellungsraum mehr. Die absolut sehenswerte Frühlingsausstellung „The Beauty of Diversity“ zeigt nun Werke aus den Sammlungen Essl und Haselsteiner sowie Leihgaben. Die Ausstellung zeigt ausschließlich Werke von Frauen, queeren und indigenen Kunstschaffenden sowie von Autodidakten und ist jedenfalls ein relevanter Diskursbeitrag. Aber bestimmt wollten Verantwortliche aus der Kulturpolitik hintenrum keinen weiteren Ausstellungsraum, der die Präsentation moderner Kunst in Wien noch weiter aufsplittert.

Was man wohl nicht gedacht hätte: Das sich das Modell Leopold im Nachhinein als das transparentere und im Endeffekt auch ehrlichere herausstellen sollte.